Sie haben sich für einen Hund aus dem Tierschutz entschieden? Wundervoll. Jede Seele hat eine Chance verdient. Sie haben es aber auch verdient, dass wir uns intensiv mit möglichen Themen und Problemen beschäftigen. Das wir ihnen Zeit geben und geduldig mit ihnen sind. Auch unser Handeln hinterfragen und mögliche Fehler von unserer Seite bei der Zusammenführung und Integration. Uns auch einen qualifizierten Hundetrainer zur Hilfe holen, wenn etwas nicht funktioniert.

Hunde, die aus Pflegestellen zu uns umziehen, können "kippen" und sich in ihrem neuen zu Hause ganz anders zeigen als zuvor auf der Pflegestelle. Der Stress, der mit einem Umzug verbunden ist, kann alte Verhaltensmuster aufbrechen lassen. Hier sind wir gefragt. Unsere Führungsqualitäten und auch unsere Geduld.

Große Hunde kommen leicht überall dran. Und wenn sie mit dem Schwanz wedeln, können sie auch schon einmal einen niedrigen Tisch abräumen. Das kann anfangs stressig sein. Vor allem, wenn man vorher eher kleine Hunde hatte und das so nicht kennt.

Ein Hund, der jahrelang auf sich alleine gestellt war, muss erst lernen geführt zu werden. Das braucht Zeit und Geduld. Je größer der Hund ist, desto anstrengender kann das werden. Einfach, weil man selbst viel Kraft braucht um 30, 40 oder mehr Kilos zu halten und zu führen.

Hunde, die sich lange selbst versorgt haben, räumen schon mal den Müll aus und/ oder auch gelbe Säcke! Vielleicht klauen sie auch, oder haben unter Umständen eine ausgeprägte Futteraggression. Sie nehmen draußen möglicherweise auch alles auf, was sie finden können! Oder fressen sogar Steine. Woher sollen sie denn wissen, dass sie nie mehr hungern müssen? Woher sollen sie wissen, dass ihr Napf nie wieder leer sein wird? Das ihr Bauch nie mehr vor Hunger schmerzen wird? Das legt man nicht zwingend von heute auf morgen ab. Es braucht Zeit und Geduld.

Schon kleine Hunde, junge Seelen, können traumatisiert sein.

Ängste können sich sehr unterschiedlich zeigen. Nicht jeder Hund zieht sich zurück. Manche gehen nach vorne. Frei nach dem Motto: „Angriff ist die beste Verteidigung“.

Viele haben schlechte Erfahrungen mit Männern und/ oder Kindern gemacht. Wurden unter Umständen sogar von Mofas oder Autos gejagt. Das kann sich im Verhalten spiegeln. Vielleicht bellen sie Männer oder Kinder an? Oder wollen sich nicht anfassen lassen und knurren hier auch? Oder warnen, indem sie die Zähne zeigen? Deswegen sind sie aber nicht böse. Sie brauchen uns, eine ruhige und souveräne, sichere Führung und unseren Schutz. Nehmen Sie sie zurück. Schützen Sie sie vor Übergriffigkeiten anderer Menschen oder mobbenden Artgenossen. Manche haben durchaus auch negative Erfahrungen mit Artgenossen gemacht. Wurden möglicherweise auch von ihnen gebissen. Lassen Sie sie nicht alleine mit ihren Themen und möglichen Ängsten.

Ein Hund, ein Tier aus dem Tierschutz, bringt seine ganz eigene Geschichte mit in sein neues Leben; in seine neue Familie. Diese Geschichte hat das Tier und sein Verhalten geprägt. Diese Tiere brauchen vor allem eins: Sie brauchen Zeit und Geduld. Vielleicht auch zusätzliche Hilfe in Form von Homöopathie, Aufstellungsarbeit, Bachblüten, Physiotherapie, Kinesiologie, Phytotherapie etc. Auch ein Tierarztbesuch kann nötig und wichtig sein. Vielleicht ist das Tier auch krank? Hat zum Beispiel eine chronische Pankreatitis oder Gelenkthemen. Es gibt viele und wundervolle Wege ihnen zu helfen, wenn sie Hilfe benötigen.

Manche sind krank und haben Schmerzen. Hier können sie als Verstärker über Geräusche, Gerüche und Bewegungen angetriggert werden. Erinnert sie eine Situation an den Auslöser für Schmerzen, die sie in diesem Moment auch haben, kann das ein unerwünschtes Verhalten verstärken. Das kann z.B. Aggression sein. Oder aber ein Tier wird ängstlich. Viel ängstlicher als zuvor. Lässt sich vielleicht auch von der Bezugsperson nicht mehr berühren, oder nur unter erschwerten Bedingungen.

Auch Mangelernährung macht etwas mit einem Körper. Manche haben dadurch z.B. Gelenkthemen, Magenschmerzen oder Hautprobleme. Oder schlicht eine schlechte Darmflora, die sich auch in Allergien spiegeln kann.

Viele sind nicht stubenrein. Wie auch? Sie haben zuvor noch nie in einem Haus gelebt!

Einige bellen bei jedem Geräusch! Alles ist neu für sie. In dieser Konstellation neu. Haben Sie bitte Geduld und Verständnis. Fühlen Sie sich in das Tier ein.

Manche kennen keinen weichen Schlafplatz und brauchen lange, um die Vorzüge eines Körbchens genießen zu können.

Meist erwarten wir von einem neuen Mitbewohner sehr viel und machen unter Umständen einige Fehler, ohne uns dieser wirklich bewusst zu sein. Manchmal stimmt auch die Konstellation nicht. Auch das gibt es, keine Frage. Oft geben Menschen aber viel zu früh auf. Das ist meine Erfahrung. Und es werden auch Fehler bei der Zusammenführung und im Alltag gemacht. Fehler, die das Tier dann spiegelt. Oft suchen wir diese aber nicht bei uns. Hier kann es hilfreich sein, einen gute Hundetrainer/ eine gute Hundetrainerin um Rat zu bitten. Sich (auch) auf dieser Ebene Hilfe zu holen.

Neue Mitbewohner sollten in meinen Augen einen sicheren Platz bekommen, und nicht von Anfang an mittig im Raum liegen. Man kennt das Tier noch nicht und weiß nicht, wie es auf abrupte Bewegungen reagiert. Was Auslöser für Angst und/oder Aggression sein können.

Die Tiere sollten erst ankommen dürfen und nicht schon am Tag eins oder zwei alle Nachbarn und Freunde kennenlernen (müssen)! Dafür bleibt noch Zeit genug. Ankommen ist erst einmal wichtig. Sich eingewöhnen, sich kennenlernen. Nicht Reize über Reize.

Es kann auch sinnvoll und wichtig sein, einen Hund erst an der Leine in sein neues Reich zu führen. Ihm Ruhe zu geben und ihn räumlich einzugrenzen. Ein Umzug bedeutet Stress. Die neue Situation bedeutet Stress. Die neuen Menschen bedeuten Stress. Neue Freunde bedeuten Stress. Nicht zwingend, aber es ist möglich. Jede Seele ist hier anders und reagiert auch anders. Führen Sie sie. Halten Sie sie. Sichern Sie sie. Geben Sie ihnen Zeit und schenken Sie ihnen Geduld. Überfordern Sie sie nicht zu Beginn, sondern machen Sie alles gut dosiert mit ihnen. Gucken Sie gut hin und achten Sie auf die Symptome unserer wundervollen Freunde.

Sichern Sie die Hunde richtig! Wie oft entlaufen Hunde, weil sie nicht richtig gesichert werden? Oder viel zu schnell frei laufen dürfen? Man weiß (doch) noch gar nicht, was alles Stress, Angst, Panik oder eine Flucht auslösen kann. Man kennt das Tier noch nicht richtig, kann es also auch noch nicht richtig einschätzen. Wie sieht es mit dem Jagdtrieb aus? Ist das Tier wirklich und sicher abrufbar? Zu einer richtigen und guten Sicherung gehören für mich Halsband und Geschirr. Für mich hat das auch etwas mit Respekt zu tun. Respekt dem Lebewesen gegenüber, das in mein Leben getreten ist. Das ich zu mir geholt habe. Und damit habe ich eine Verantwortung für ein Leben übernommen; mit allen Konsequenzen. Viel zu viele Hunde entlaufen frisch nach ihrer Vermittlung und nicht Wenige bezahlen "unseren" Leichtsinn mit dem Leben.

Hunde aus dem Tierschutz können krank sein. Das sollten wir uns bewusst machen. Wie soll man bei meist denkbar schlechter Nahrung zu einem gesunden Hund heranwachsen? Die wenigsten Hunde aus dem Tierschutz haben immer und ausreichend zu essen gehabt. Hatten in jeder Phase ihres bisherigen Lebens ausreichend Vitamine, Mineralien und Enzyme verfügbar, für alles was der Körper benötigt. Anhaltender Stress, physisch wie psychisch, kann eine Ibd auslösen. Und das nicht nur bei Hunden aus dem Ausland. In vielen Ländern gibt es Erkrankungen wie Leishmaniose z.B. Diese Erkrankung ist heimtückisch! Sie hat eine Inkubationszeit von bis zu 7 Jahren. Auch sie kann durch Stress ausgelöst werden. Ein Tier, das vor der Vermittlung aus dem Ausland negativ auf Leishmaniose getestet wurde, kann hier also durchaus später ein Thema bekommen. Deswegen hat mich der Tierschutzverein aber nicht belogen und es ist in meinen Augen auch kein Grund, ein Tier wieder abzugeben! Ich sage doch "Ja" mit allen Konsequenzen! Jedes Tier kann krank werden. Und das kann teuer werden. Egal ob der Schatz vom Züchter, oder aus dem Tierschutz, kommt.

Es liegt an uns sie zu führen. Ihre Körpersprache zu lesen, ihnen Sicherheit zu vermitteln. Ihnen zu zeigen, dass es von nun an einen verlässlichen Partner an ihrer Seite gibt. Einen Partner, der aufpasst, versteht, lenkt, führt, versteht und leitet. Dass sie diese Aufgabe nun abgeben dürfen. Das kann ein (sehr) langer, anstrengender und harter Weg sein. Ein erwachsener Hund, der alles neu lernen muss, wie ein Welpe, ist eine Aufgabe! Körperlich sind diese Tiere sehr erwachsen und haben oft auch ordentlich Kraft. Aber sie müssen vieles neu lernen. Genau wie ein Welpe. Innen und außen können also sehr im Gegensatz zueinanderstehen. Und das ist bei einem großen Tier sehr anstrengend.

Unsere Tiere wollen jedoch lernen und sind bis ins hohe Alter auch dazu bereit zu lernen. Das ist ein unfassbarer Schatz und bietet so viele Möglichkeiten. Nur die Lerntypen sind sehr unterschiedlich. So wie auch wir alle unterschiedlich sind. Begeben Sie sich auf Augenhöhe mit diesen wundervollen Seelen und achten Sie auf ihre Bedürfnisse. Gucken Sie auf ihre Themen und holen Sie sich Hilfe, wenn etwas nicht funktioniert. Manchmal ist es auch sinnvoll, einem Welpen ein zu Hause zu geben. Eben weil Kinder da sind und man hier ein mögliches Risiko minimieren möchte. Auch die gibt es im Tierschutz.

Geben Sie Hunden aus dem Tierschutz bitte Zeit. Sie brauchen Zeit, um zu verstehen, dass jetzt alles anders ist. Sie müssen uns für ihre Rettung nicht dankbar sein! WIR müssen uns ihre Dankbarkeit verdienen und uns ihrer Liebe als würdig erweisen. Haben wir das getan, werden wir mit Liebe in reinster Form beschenkt. Es kann nichts Schöneres geben. Hundeerziehung ist anstrengend und erfordert Geduld, Zeit, Liebe und Konsequenz. Immer. Ob es ein Welpe vom Züchter ist, oder ein Hund, der aus dem Tierschutz kommt. Ist man seinem Freund ein zuverlässiger Begleiter, der sein Leben sicher, spannend und schön gestaltet, erlebt man eine wundervolle Bindung, die mit nichts anderem zu vergleichen ist.

Achten Sie auf ihre Körper und deren Symptome. Manche haben Schmerzen, können diese aber eventuell noch gut kompensieren. Oder wir kennen sie gar nicht anders und für uns ist es "normal". Aber Symptome wie z.B.: häufiges Gras fressen, sich viel nach hinten strecken - oder generell viel strecken, Erde fressen und/ oder Rinde (manche fressen sogar Kot), Teppiche oder Gardinen fressen (hier verstecken sich oft Magenthemen), häufiges Pfoten lecken, ständiges Kopfschütteln, Ohrenentzündungen, die nicht abklingen wollen, und immer wiederkehrende Durchfälle, evtl. auch in Intervallen von 6-8 Wochen, all diese Symptome (und noch viele mehr), haben einen Grund. Gucken Sie hin und helfen Sie ihnen. Sie haben es verdient. Jedes Tier hat unsere Aufmerksamkeit und Fürsorge verdient.